Muss es denn immer die zweigleisige Hauptstrecke plus eingleisige Nebenstrecke sein?

Man liest es immer wieder: In gefühlten 9 von 10 Vorstellungen von geplanten Projekten lautet das Wunschkonzept für die zukünftige Anlage: zweigleisige Hauptstrecke mit abzweigender Nebenbahn.

Auch, wenn dieser Gleisplan wahrscheinlich den Vorstellungen des ein oder anderen Modellbahners gerecht werden dürfte, ist doch hier mitnichten eine glaubwürdige „2-gleisige Hauptstrecke“ zu sehen.

Gleisplan 2gleisige Hauptstrecke 1gleisige Nebenstrecke

Mehr Gedanken zum Konzept macht sich zu Beginn kaum einer. Ich machte da einst keine Ausnahme, wie man unschwer an meinen älteren Gleisplänen erkennen kann. Leider geht dabei aber sehr viel von dem verloren, was unser Hobby Modelleisenbahn so interessant macht. Sicher, keiner muss jeden Betriebsablauf bis ins Detail kennen oder sich in originale Gleispläne einarbeiten um eine abwechslungsreiche Anlage zu planen.

Eins jedoch ist gewiss: Eine Hauptstrecke in Modellbahnformat ist in den wenigsten Fällen glaubwürdig!

Eine Hauptstrecke ist im Vorbild für Züge ausgelegt, die relativ hohe Geschwindigkeiten fahren. Das bedeutet im wesentlichen, dass natürlich keine engen Kurvenradien eingesetzt werden. Die Kurven in sogenannten Hauptstrecken sind von Anfang bis Ende  in einem Radius ausgeführt, der in der Regel weitaus größer ist, als alles was das verwendete Modellbahn-Gleissystems hergibt. Das berücksichtigen jedoch die wenigsten Planer bei der eigenen Modellbahn-Anlage. Ist die Anlage fertig, jagen die Züge um viel zu enge Radien. Die Wagenkästen überschneiden weit ins Kurveninnere, während die Kupplungen aufs Äußerste gespreizt sind. Sieht das schön aus? ich finde: „Sicher nicht“. Am besten säbelt man noch Signale oder andere Aufbauten an der Strecke um oder bolzt das Tunnelportal weg. Das ist wirklich nicht schön und das muss auch nicht sein.

Meine Empfehlung ist hier ganz klar eine Nebenstrecke als Thema zu wählen und diese konsequent – mit dem Vorbild vor Augen – umzusetzen.

Eine Hauptstrecke – die in der Regel für hohe Geschwindigkeiten gedacht ist – auf zu kleinem Raum wird weder optisch noch technisch ein wirklicher Burner.

Bedeutet das jetzt das Aus für ICE und Co auf meiner Platte?

Nein, nicht unbedingt. Eine Hauptstrecke kann auch auf einer Modellbahn Platz finden. ABER: Sie sollte nicht im Zentrum der Anlageplanung stehen, sondern als zusätzliches Element zur Ausgestaltung dienen. Wie das denn? So, wie ich es beispielsweise in den Plan Erzverladung und schöne Paradestrecke gezeigt habe. Hier finden Die betrieblichen Abläufe, – nämlich das Zustellen und Abholen von Fracht und Rohstoffen – auf der Nebenbahn statt. In einem weiteren Kopfbahnhof werden die Wagen der Nebenstrecke zu Zügen, zusammengestellt. Die fetten 42er holen die zusammengestellten Wagen ab, um über die Fernstrecke zum Bestimmungsort der Ladungen zu gelangen. Die Fernstrecke selber ist eine zweigleisige Strecke, die in langem Bogen durch das Flusstal entlang des Gewässers und der Fernstraße führt. Diese Strecke ist nur im Flusstal sichtbar. Sie ist beidseitig an den Schattenbahnhof angeschlossen, sodass hier auch in regelmäßigen Abständen schöne Fernzüge durch das Tal rauschen können.

Mein Gedanke zum beliebten Thema zusammengefasst

Während Bahnhof, Betriebsmöglichkeiten und Gleisanschlüsse dem Nebenbahnthema vorbehalten sind, führt eine ein- oder zweispurige Hauptstrecke im Hinter- oder Vordergrund an dem Szenario vorbei. Gespeist wird der Ausschnitt einer Hauptstrecke aus einem Schattenbahnhof. Sämtliche Wenden und Radien sind im Verborgenen, so führt die „Paradestrecke“ – gern auch im leichten Bogen – über die Anlage. Ab und an rauschen dann die Fernzüge mit ordentlichem Tempo am Geschehen vorbei – natürlich ohne zu halten. Entscheidet man sich für eine zweispurige Ausführung können sich die Züge auch bei vollem Tempo auf offener Strecke begegnen.

Es gibt zahllose Möglichkeiten ein derartiges Konzept auf einer Anlage zu realisieren.

Das denkbar einfachste wäre ein zweispuriges Oval, dass nur auf einem der geraden Streckenabschnitte sichtbar ist. Denkbar ist auch eine einfache Pendelstrecke auf der 2 Wendezüge automatisch gesteuert die Spur wechseln. Letztenendes hängt es vom Fuhrpark und den räumlichen Begebenheiten ab und natürlich davon, wie viel Raum man einer derartigen Konzeption geben möchte.

Am Ende ist es eine reine Geschmacksache und jedem Modellbahnher*in selber überlassen, wie er oder sie das Wunschthema auf die Anlage bringt. Ich möchte hier nicht mehr als eine Anregung geben.

Denkbar einfach und trotzdem sehr realistisch. Auf dem sichtbaren Teil dieser Strecke begegnen sich in regelmäßigem Abstand beispielsweise zwei ICE in voller Fahrt. Im Verborgenen wird gehalten, gewartet und – gern auch fahrplanmäßig – wieder kehrt gemacht.

Denkbar einfach: 2 Züge fahren, automatisch gesteuert, einfach immer hin und her.